Frauen in der Vertriebsführung – Interview mit Schirmherrin Dr. Karin Becker
12. September 2018So halten Sie Ihren Preis
5. Oktober 2018Das Telefonat dauert nun schon fast 40 Minuten und der Verkäufer ist optimistisch. Es scheint wirklich ernsthaftes Interesse zu bestehen, denn gegen Ende des Gesprächs einigt man sich darauf, dass der Verkäufer ein Angebot erstellen darf. Der Verkäufer macht sich also ran an die Arbeit und nach zwei Stunden hat er alles durchgerechnet und das Schriftstück parat. Wie versprochen hat der Interessent es noch am gleichen Tag in seinem Email-Postfach. Das wird ein schöner Auftrag, für den es sich auch lohnt, eine Stunde länger im Büro zu bleiben. Seine Frau wird dafür schon Verständnis haben.
Zwei Wochen später ruft der Verkäufer den Interessenten wieder an, der ihn jedoch vertröstet, da er noch nicht dazu gekommen sein, das Angebot zu prüfen. Nach einer weiteren Woche meldet sich der Verkäufer erneut beim Interessenten welcher ihn bittet noch zwei zusätzliche Optionen in das Angebot zu rechnen. Optimistisch führt der Verkäufer diese Anpassung aus, braucht dafür wieder eine Stunde und sendet wie versprochen das angepasste Angebot zu.
Eine weiter Woche vergeht und der Verkäufer meldet sich wieder beim Interessenten, welcher ihm berichtet, dass das Angebot von einem Gremium geprüft würde. Mittlerweile interessiert sich der Vorgesetzte des Verkaufsleiters für diesen Fall, da es ja schon recht lange dauert und der Verkäufer schon viel Zeit investiert hat. Der Verkäufer rechtfertigt sich und sichert dem Vorgesetzten zu, dass es nicht mehr viel braucht und der Kunde kurz vor dem Kauf steht.
Der Verkäufer ruft noch drei Mal beim Interessenten an und es dauert noch weitere sechs Wochen, bis es zu einer Entscheidung kommt. Allerdings fällt diese nicht positiv für den Verkäufer aus, denn man hat sich für einen Mitbewerber entschieden. In einem Nachgespräch des Verkäufers mit dem Interessenten stellt sich heraus, dass diese Entscheidung im Prinzip schon vorher feststand, doch dass man noch ein Gegenangebot gebraucht hätte, da es halt so vorgeschrieben sei.
Auf dem Weg des Verkäufers zum Gespräch mit seinem Verkaufsleiter denkt sich der Verkäufer nur „Was hätte ich in der ganzen Zeit alles für Geschäfte abschliessen können…“
Es klingt ernüchternd, doch ein Angebot zu erstellen heisst nicht automatisch, dass der Kunde einen Kauf in Erwägung zieht. Dies bedeutet, dass sehr viele Angebote erstellt werden, die oftmals nicht einmal vom Kunden richtig gelesen werden. Für Verkäufer hat das zur Folge, dass sie sehr viel Zeit mit dem Erstellen von Angeboten verbringen, die sie nicht in Umsatz verwandeln können. Zeit, in der Sie mit anderen Kunden gute Geschäfte machen könnten.
Wie können Sie verhindern, dass Sie viele Angebote schreiben, die kaum Chancen auf Umsatz haben? Testen Sie immer die Kaufbereitschaft! Gehen Sie dabei wie folgt vor:
Holen Sie die notwendigen Informationen ein
Ergründen Sie Ihren Gesprächspartner um heraus zu finden, ob Ihre Lösung das Richtige für Ihren Kunden ist. Holen Sie sich alle Informationen, die Sie benötigen, um Ihren Gesprächspartner an eine Entscheidung heranzuführen.
Testen Sie die Kaufbereitschaft
Fragen Sie zum Beispiel: Wenn wir … zu Ihrer vollen Zufriedenheit erfüllen, arbeiten Sie dann künftig mit unserer Lösung?
Hier muss ein klares Ja kommen. Ist der Kunde verhalten oder weicht er aus, fragen Sie ihn, was der Grund dafür ist. Hier kann es sein, dass Sie noch einmal in die Ergründung gehen oder Einwände behandeln müssen.
Behandeln Sie Einwände oder gehen Sie zurück in die Ergründung, wenn kein klares Ja kommt
Mit der Frage „Gibt es ausser… noch etwas, dass Sie von einer Zusammenarbeit abhält?“ können Sie klären, ob es sich um einen Einwand oder Vorwand handelt. Auf Vorwände gehen Sie nicht ein, Einwände können Sie mit gezielten Techniken überwinden.
Testen Sie die Kaufbereitschaft erneut
Auch hier muss ein klares Ja kommen. Wenn der Kunde keine Bereitschaft zum Kauf zeigt, gibt es noch Hindernisse, die überwunden werden müssen.
Schliessen Sie wenn möglich direkt ab
Wenn es möglich ist, schliessen Sie ab. Dies ist zum Beispiel mit einer Frage wie „Ab wann möchten Sie denn gerne von dieser Lösung profitieren?“ möglich. Man kann in mehr Fällen schon direkt am Telefon oder im ersten Gespräch abschliessen, als die meisten denken.
Wenn kein direkter Abschluss möglich ist, können Sie ein Angebot erstellen
Erklären Sie Ihrem Kunden, dass Sie normalerweise kein Angebot erstellen, doch dass Sie es für ihn machen würden. So wird das Erstellen des Angebotes nicht als selbstverständlich hingenommen. Ihr Kunde bekommt das Gefühlt, dass Sie sich für ihn einsetzen.
Fragen Sie nach dem Entscheidungsweg und bis wann eine Entscheidung getroffen sein kann
Wenn Sie wirklich ein Angebot versenden, klären Sie in jedem Fall ab, wie der Entscheidungsweg ist, wer in die Entscheidung eingebunden ist und bis wann das Angebot geprüft sein wird. Klären Sie auch, was Sie oder Ihr Ansprechaprtner machen können, um die anderen Entscheider mit ins Boot zu holen. Dann vereinbaren Sie einen Nachfasstermin.
Mit diesem Vorgehen vermeiden Sie, zu viel Zeit für unnötige Angebote zu vergeuden und können sich um die Kunden kümmern, bei denen die Chancen auf einen Abschluss auch gegeben sind. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, mehr Umsatz zu generieren, so dass auch Ihre Vorgesetzten zufrieden sind.